Endokrine Disruptoren: Unsichtbare Hormonstörer und wie du sie meiden kannst

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Endokrine Disruptoren: Unsichtbare Hormonstörer und wie du sie meiden kannst

Unser Körper ist ein komplexes System, in dem Hormone eine entscheidende Rolle spielen. Sie regulieren unseren Stoffwechsel und beeinflussen unseren Zyklus, Fruchtbarkeit, unseren Schlaf und sogar unser Verhalten. Doch wusstest du, dass bestimmte Chemikalien, sogenannte endokrine Disruptoren, dieses empfindliche Gleichgewicht stören können? Diese Stoffe sind in vielen Alltagsprodukten enthalten und können unbemerkt Einfluss auf unsere Gesundheit nehmen.

In diesem Artikel erfährst du, was endokrine Disruptoren sind, wie sie wirken und was du tun kannst, um deine Belastung zu reduzieren.

Was sind endokrine Disruptoren?

Endokrine Disruptoren sind chemische Substanzen, die das Hormonsystem beeinflussen können. Sie wirken, indem sie:

  • Natürliche Hormone nachahmen und damit falsche Signale im Körper senden.
  • Hormonrezeptoren blockieren, sodass körpereigene Hormone nicht mehr richtig wirken können.
  • Den Hormonabbau oder die Hormonproduktion verändern, was zu einem Ungleichgewicht der Hormone führen kann.

Diese Stoffe sind oft nicht sofort schädlich, aber langfristig kann eine anhaltende Belastung gesundheitliche Folgen haben.

Beispiele für endokrine Disruptoren

Einige der bekanntesten Vertreter dieser Stoffe sind:

  • Phthalate – Weichmacher in Kunststoffen, die oft in Plastikverpackungen, Duschvorhängen oder Bodenbelägen vorkommen.
  • Bisphenol A (BPA) – Eine Chemikalie, die in Plastikflaschen, Lebensmittelverpackungen und Kassenbons enthalten sein kann.
  • Parabene – Konservierungsstoffe in Kosmetika, Shampoos und Feuchtigkeitscremes.

Zusammenhang mit (hormonbedingten) Erkrankungen

Studien diskutieren, ob und wie eine langfristige Belastung das Risiko für einige Krankheitsbilder erhöhen kann. Dazu zählen laut der WHO Schilddrüsenerkrankungen, Brustkrebs, Prostatakarzinome, Diabetes mellitus, Unfruchtbarkeit, vermehrte Aborte und Veränderungen in der psychischen Gesundheit.

Auch, wenn es mehrere Hinweise auf Zusammenhänge zwischen endokrinen Disruptoren und hormonellen Erkrankungen gibt, braucht es mehr Studien darüber, wie und unter welchen Bedingungen endokrine Disruptoren und Krankheiten in Verbindung stehen.

Endometriose

Endometriose ist eine Erkrankung, bei der gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter wächst. Ein systematischer Review aus dem Jahr 2020 untersuchte den Einfluss endokriner Disruptoren auf die Entstehung von Endometriose. Die Analyse von 29 Studien ergab, dass Phthalate, Bisphenol A (BPA) und chlororganische Verbindungen (wie Dioxine und polychlorierte Biphenyle) mit einer erhöhten Prävalenz (Prävalenz = die gesamte Anzahl Fälle in einer definierten Population zu einem Zeitpunkt oder während einer definierten Zeitdauer) von Endometriose assoziiert sind.

Unerfüllter Kinderwunsch

Endokrine Disruptoren können die Funktion des Hormonsystems beeinflussen, indem sie in die Regulation von Hormonen wie Östrogen und Testosteron eingreifen. Studien legen nahe, dass bestimmte Chemikalien wie Bisphenol A (BPA) und Phthalate mit Veränderungen der Eierstockfunktion in Verbindung stehen könnten, die hormonelle Ungleichgewichte begünstigen und potenziell Auswirkungen auf den Eisprung sowie die Qualität der Eizellen haben. Ebenso gibt es Hinweise darauf, dass einige endokrine Disruptoren die Spermienqualität beeinflussen könnten, indem sie mit einer verringerten Spermienzahl, reduzierter Beweglichkeit und möglicherweise einer erhöhten DNA-Schädigung assoziiert sind. Viele dieser Erkenntnisse stammen aus Tierstudien oder Beobachtungsstudien am Menschen, die jedoch keinen eindeutigen Kausalzusammenhang nachweisen können. Die Erforschung der genauen Mechanismen und der langfristigen Auswirkungen auf die menschliche Fortpflanzung ist noch nicht abgeschlossen.

Schilddrüsenerkrankungen

Die Schilddrüse spielt eine wesentliche Rolle im Stoffwechsel und in der Regulation verschiedener Körperfunktionen. Endokrine Disruptoren können die Funktion der Schilddrüse beeinträchtigen, was zu verschiedenen gesundheitlichen Problemen führen kann. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat in einem Factsheet darauf hingewiesen, dass endokrine Disruptoren mit Schilddrüsenerkrankungen in Verbindung gebracht werden. Ein ursächlicher Zusammenhang ist jedoch schwer zu belegen, da neben endokrinen Disruptoren noch viele weitere Faktoren wie Lebensstil und genetische Veranlagung (mit)verantwortlich sein können.

Zusammenfassend deuten diese Studien darauf hin, dass es potenzielle Zusammenhänge zwischen der Exposition gegenüber endokrinen Disruptoren und bestimmten gynäkologischen sowie Schilddrüsenerkrankungen gibt. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass weitere Forschung erforderlich ist, um diese Zusammenhänge eindeutig zu bestätigen und die genauen Mechanismen zu verstehen.

Wo kommen endokrine Disruptoren vor?

Diese hormonstörenden Stoffe verstecken sich in vielen Produkten, mit denen wir täglich in Kontakt kommen:

  • Plastikverpackungen: Besonders in Plastikflaschen, Frischhaltefolie und Dosenbeschichtungen.
  • Kosmetika und Pflegeprodukte: Shampoos, Cremes und Make-up können Parabene oder hormonaktive Duftstoffe enthalten.
  • Lebensmittel und Trinkwasser: Pestizidrückstände und hormonelle Rückstände aus der Landwirtschaft.
  • Reinigungsmittel und Haushaltschemikalien: Duftstoffe und chemische Zusätze in Waschmitteln und Raumsprays, Duftkerzen und Reinigungsmitteln.

Wie kannst du deine Belastung durch endokrine Disruptoren reduzieren?

Auch wenn es unmöglich ist, diese Stoffe vollständig zu vermeiden, gibt es einfache Maßnahmen, mit denen du deine Belastung deutlich senken kannst.

Lebensmittel und Wasser:

  • Setze auf unverarbeitete, biologische Lebensmittel, um Pestizidrückstände zu vermeiden.
  • Vermeide Wasser aus Plastikflaschen: Glas oder Metall sind bessere Optionen.
  • Kaufe, wenn möglich, unverpackte Produkte.
  • Kaufe Konserven im Glas statt in der Dose.

Plastikverpackungen vermeiden:

  • Lagere und transportiere Lebensmittel in Glas- oder Edelstahlbehältern anstelle von Plastik.
  • Vermeide Plastik in der Mikrowelle, da beim Erhitzen mehr Chemikalien freigesetzt werden können.

Kosmetik und Pflegeprodukte:

  • Achte auf Naturkosmetik ohne Parabene, Phthalate oder synthetische Duftstoffe. Mit Apps wie CodeCheck oder ToxFox kannst du die Inhaltsstoffe von Produkten scannen und mögliche endokrine Disruptoren sofort erkennen. Das funktioniert auch für Putz- und Waschmittel.
  • Reduziere stark duftende Produkte oder Parfums, die oft problematische Stoffe enthalten.
  • Nutze mineralischen statt chemischen Sonnenschutz.

Haushaltsreinigung:

  • Setze auf ökologische Reiniger oder einfache Hausmittel wie Essig und Natron.
  • Verzichte auf synthetische Raumdüfte und lüfte stattdessen regelmäßig oder verwende natürliche Alternativen wie ätherische Öle.

Fazit

Endokrine Disruptoren sind allgegenwärtig, aber mit bewussten Entscheidungen kannst du die Belastung deutlich reduzieren. Es ist unrealistisch, gar keine endokrinen Disruptoren mehr aufzunehmen. Viel mehr geht es darum, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, um bessere Entscheidungen treffen zu können.

Quellen

https://www.bag.admin.ch/dam/bag/de/dokumente/chem/endokrine-disruptoren/ed-factsheet.pdf.download.pdf/EDFactsheet 2024_D.pdf

https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/chemikalien-reach/stoffe-ihre-eigenschaften/eigenschaften-von-stoffen/endokrine-disruptoren

https://www.bfr.bund.de/de/publication/fragen_und_antworten_zu_endokrinen_disruptoren-50513.html

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/wie-wirken-endokrine-disruptoren-135930/seite/5/?cHash=5fb6bd8f762045aa7fe5f907cf88488d

https://chemtrust.org/de/edcs-gefaehrden-gesundheit-weltweit/

https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/umwelt-und-gesundheit/chemikalien/endokrine-disruptoren/tipps-fuer-die-minimierung-der-belastung-durch-ed.html#:~:text=Empfehlungen des Herstellers.-,Kleidung,Disruptoren und%2Foder Allergene sein.

Endometriose und endokrine Disruptoren: https://www.deutschesgesundheitsportal.de/2022/10/07/einfluss-endokriner-disruptoren-auf-die-endometriose/

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